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Vertrauen statt Bestrafen: Aktion "Tausche Stachelhalsband gegen Training"

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Eigentlich sollte es nur eine kleine, besondere Idee anlässlich des Jubiläums einer Hundeschule im bayrischen Volkenschwand-Leibersdorf sein. Daraus geworden ist eine Aktion, an der sich mittlerweile über 500 Hundeschulen in Deutschland, Österreich, Slowenien, Luxemburg und der Schweiz beteiligen: “Tausche Stachelhalsband gegen Training”. Wer seinen Hund bisher mit einem Stachelhalsband geführt hat und diese “Erziehungshilfe” bei einer der beteiligten Schulen abgibt, erhält im Gegenzug eine Gratistrainingsstunde im Umgang mit dem Hund, der auf Strafen verzichtet und auf Vetrauen basiert. Mit dabei ist die Moondance GmbH von Sabine Süess, die das Pfötli in der verhaltenstherapeutischen Arbeit mit seinen Schützlingen unterstützt.

Initiantin Sonja Meiburg ist immer noch “völlig von den Socken” und freut sich riesig darüber, dass so viele Trainer und Hundehalter bei der Aktion “Tausche Stachelhalsband gegen Training” mitmachen und so klar Stellung beziehen gegen den Gebrauch dieser so genannten Erziehungshilfmittel. Damit hatte die Leiterin der Hundeschule Holledau alles andere als gerechnet, ursprünglich war die Aktion nämlich als kleines, überschaubares Highlight ihres Jubiläums-Sommerfestes geplant. Kaum hatte sie die Idee jedoch via der schuleigenen Facebookseite in der grossen, weiten Netzwelt gestreut, meldeten andere Hundeschulen ihr Interesse an, bei der Aktion mitzumachen. Quasi über Nacht entstanden Logo und eine aktionseigene Homepage plus Facebook-Fanpage, und innerhalb weniger Stunden war aus dem lokalen Event ein länderübergreifendes Projekt geworden.

Ich habe von der Aktion durch Sabine Süess erfahren.

Die Hundetrainerin und Verhaltenstherapeutin leitet die Hundeschule Moondance mit Standorten in Wohlen (AG), Bonstetten (ZH) und Altendorf (SZ), und sie unterstützt Pfötli-Leiterin Chrigi Frauenfelder und ihr Team in der Arbeit und im Training mit unseren Schützlingen. Und sie macht bei der Aktion mit. Als Sabine mir von “Tausche Stachelhalsband gegen Training” erzählte, war klar, das gehört unbedingt in den Pfötli-Blog. Einerseits, weil ich bei diversen Pfötlianern selbst miterlebt habe, wie wirkungsvoll Sabines hilfsmittelfreie Trainingsmethoden auf der Grundlage der positiven Bestärkung sind. Yaros beispielsweise wäre ohne Sabine nicht der wunderbare, zugängliche Hund, der er heute ist. Vor allem aber sollen möglichst viele Hundehalter von der Möglichkeit erfahren, die Beziehung zu ihrem Hund gewaltfrei und harmonisch zu gestalten, auf der Basis gegenseitigen Vertrauens. Und je mehr Hundeschulen sich an der Aktion beteiligen, desto näher kommen wir diesem Ziel.

Sabine, du bist mit Moondance eine der bisher 15 Schweizer Hundeschulen, die bei der Aktion mitmachen. Wie hast du von „Tausche Stachelhalsband ….“ erfahren und warum bist du dabei?
Erfahren habe ich davon via Facebook. Wir arbeiten schon seit Jahren mit der positiven Bestärkung und finden eine Aktion, die diese Methode publik macht, fördert und so vielen Hundebesitzern wie möglich nahe bringt, natürlich eine tolle Sache, bei der wir selbstverständlich mitmachen. Wir möchten die Hundehalterinnen und -halter dafür sensibilisieren und dazu befähigen, ihren Hund zu verstehen, zu lesen und ihn über Vertrauen und Bindung zu führen – nicht über Hilfsmittel. Wir möchten ihnen alternative Wege zu den gewählten Hilfsmitteln aufzeigen, damit aus Zwei- und Vierbeiner ein Team wird.

(Foto: Daniela Gassmann, pro cane familiari)

Wie funktioniert das Training mit der positiven Bestärkung?
Diese Ausbildungsmethode arbeitet mit dem Prinzip, dass der Hund für jedes erwünschte Verhalten belohnt wird, statt für unerwünschtes bestraft. Die Bestärkung in Form einer Belohnung „informiert“ einerseits den Hund, dass er soeben das Verhalten gezeigt hat, das man von ihm erwartete. Und zweitens, dass sich dieses Verhalten – wortwörtlich – lohnt. Das Ergebnis: Er wird das belohnte Verhalten in Zukunft häufiger zeigen

In Deutschland ist das Stachelhalsband nicht verboten, wie ist die Situation in der Schweiz?
Ich zitiere mal aus der Tierschutzverordnung: „Beim Umgang mit Hunden sind Strafschüsse, das Verwenden von Stachelhalsbändern und übermässige Härte, wie das Schlagen mit harten Gegenständen, verboten. Hilfsmittel dürfen nicht derart verwendet werden, dass dem Tier Verletzungen oder erhebliche Schmerzen zugefügt werden oder dass es stark gereizt oder in Angst versetzt wird. Die Verwendung von Geräten, die elektrisieren, für den Hund sehr unangenehme akustische Signale aussenden oder mittels chemischer Stoffe wirken, ist verboten.


Soweit ich weiss, kann man aber Stachelhalsbänder problemlos kaufen, ist das nicht widersinnig?
Verboten ist nur die Anwendung – nicht aber der Erwerb. Und das ist natürlich absolut widersinnig!

Nun geht es bei der Aktion ja nicht nur um Stachelhalsbänder, sondern auch um durchaus legale, so genannten Trainingshilfen. Welche davon hältst du für problematisch und warum?
Ich lehne grundsätzlich alle Hilfsmittel ab, welche zur Bestrafung eingesetzt werden. Hier geht es vor allem um Hilfsmittel, welche über Schreck-Reize funktionieren, wie z.B. Fisher-Discs, Wurfkette, Sprayhalsbänder wie Master-Plus, etc. Denn durch den Schreck, der z.B. durch die Berührung mit der Wurfkette entsteht, kann eine reflexive Aggression ausgelöst werden. So wie bei uns, wenn wir uns in Gedanken versunken etwas in einem Schaufenster ansehen und plötzlich kommt jemand von hinten, haut uns auf die Schulter, und wir überreagieren vor lauter Schreck, schreien die Person an oder schlagen sogar nach ihr – genau so kann es unserem Hund gehen. Mit dem fatalen Ergebnis, dass die Wurfkette das Problem verschärft statt es zu therapieren.

Dieses Risiko, Probleme zu schaffen, statt sie zu lösen gilt ja ganz generell für die positive Bestrafung, also das Bestrafen durch das Hinzufügen von etwas Unangenehmem.
Ja, und zwar, weil niemand einkalkulieren kann, welche Eindrücke der Hund in dem Moment aufnimmt, in dem er bestraft wird. Alles, was der Hund in dem Moment der Strafe sieht, riecht, schmeckt, fühlt und hört, wird mit der Strafe verknüpft und kann später Angst- oder Aggressionsverhalten und Stress im Hund auslösen. Deshalb lehne ich auch alle Hilfsmittel ab, die den Hund ängstigen.

Du bist auch kein Fan vom Halti, obwohl das ja nun kein Hilfsmittel zur Bestrafung ist.
Das Halti schränkt den Hund aber stark in seiner Körpersprache ein – artgerechte Kommunikation unter Hunden ist nicht mehr möglich. Was natürlich mit der Zeit eine Leinenaggression begünstigen kann, da der Hund nicht mehr richtig beschwichtigen und kommunizieren kann. Genauso wenig lernt der Hund mit dem Halti das Leinenlaufen, was sich spätestens zeigt, wenn er das Halti nicht mehr trägt. Denn dann zieht er wieder wie zuvor. Der Grund liegt darin, dass das Halti nur das Symptom des Problemverhaltens unterdrückt, aber nicht die Ursache angeht.

Und wenn jemand aber auf das Halti nicht verzichten kann, weil der Hund sehr kräftig und nur mit diesem Hilfsmittel sicher führbar ist?
Dann ist der richtige Umgang, also das korrekte Handling sehr wichtig. Leider ist es im Alltag aber so, dass die Hundehalter in ein Geschäft für Haustierbedarf gehen, der Verkäuferin erzählen, dass der Hund stark zieht, auf Anraten ein Halti kaufen, es dem Hund anziehen und ohne entsprechendes Training loslaufen. Genau das Gleiche gilt bei Wurfkette und Co.: Man sieht im Fernsehen, wie ein Trainer eine Wurfkette einsetzt, kauft sich selbst eine und wirft sie nach dem Hund, wann immer er etwas tut, das einem nicht passt – ohne sich über Verknüpfung, Einsatz und mögliche Folgen Gedanken zu machen.

Streng genommen ist dann aber auch die Leine ein riskantes Hilfsmittel.
Nur wenn man sie als Straf- oder Kontrollinstrument einsetzt, was man keinesfalls tun sollte. Entsprechend lehnen wir bei Moondance auch den leider sehr verbreiteten Leinenruck als Korrekturmassnahme ab. Für uns ist die Leine – bildlich gesprochen – eine Verbindung von Herz zu Herz zwischen Mensch und Hund. Richtig eingesetzt sind Leine und Brustgeschirr ein Mittel, dem Hund Sicherheit zu geben. Dazu muss ihr Einsatz jedoch richtig aufgebaut werden, damit der Hund sie auch mit dem Gefühl der Sicherheit verknüpft.

(Foto: Daniela Gassmann, pro cane familiari)

Was sind deiner Erfahrung nach die Gründe, warum Hundehalter zu Hilfsmitteln mit derlei negativen Nebenwirkungen und Risiken greifen?
Abgesehen von denen, die ihren Hund bewusst Angst oder Schmerz aussetzen, tun das die meisten Halterinnen und Halter aus Unwissen, sie machen sich gar keine Gedanken darüber. Vor allem, wenn diese Mittel von Trainern, Tierärzten oder Petshops empfohlen wurden. Meistens mit dem Versprechen, dass es sich um eine schnelle Lösung handelt, die wenig Aufwand erfordert, und leider sind viele Hundehalter sehr bequem. Arbeiten über positive Bestrafung kann sehr schnell zum Ziel führen. Der Preis dafür sind Vertrauensverlust und eine gestörte Beziehung zwischen Hund und Mensch. Ein Hund der nie weiss wann es wieder scheppert, was er darf und was nicht, lebt oft in ständiger Angst und Unsicherheit. In solche Augen zu schauen tut mir immer wieder weh!

Kommen wir noch einmal zurück zum Prinzip der positiven Bestärkung, das die Aktion möglichst vielen Menschen mit Hund nahe bringen will, und das du in deinen Trainings anwendest. Welche Hilfsmittel setzt du dabei ein?
Wir arbeiten mit Brustgeschirr und langer Leine, in der Regel drei Meter und länger. Dann benötigen wir noch ein Markersignal, das wir verbal oder mit dem Clicker geben. Dieses Signal „sagt“ dem Hund, dass er soeben das gewünschte Verhalten gezeigt hat. Zu guter letzt braucht es eine Liste aller Belohnungen die der Hund mag. Die sollte der Hund unmittelbar nach dem Signal erhalten. Das muss nicht zwangsläufig Futter sein – oft ist die Belohnung auch, aus einer Situation rauszudürfen oder ein kurzes Spiel, das Hinrennen zu Hundefreunden, das Schnüffeln an einer interessanten Stelle oder Baden.

Kann man grundsätzlich jeden Hund auf diese Art trainieren?
Ja, man kann jeden Hund auf diese Art trainieren! Mit einer Ausnahme: Wenn für das Verhalten eines Hundes ein gesundheitliches Problem ursächlich ist, dann muss zuerst dieses Problem behandelt werden. Auch gibt es ganz wenige Fälle, in denen ein Training generell keinen Sinn mehr macht. Weder auf unsere Art noch auf eine andere. Allerdings kann ich diese Fälle nach meiner elfjährigen Erfahrung als Trainerin und Therapeutin an einer Hand abzählen. Leider erleben wir es umgekehrt eher, dass der Hund durchaus therapierbar ist, die Besitzer aber nicht bereit sind, Kosten und Zeit zu investieren und dann den für sie bequemeren Weg der Einschläferns zu wählen.

Was ist mit so genannten problematischen oder verhaltensauffälligen Hunden? Vor allem mit denen, die keinen Appell haben, sich aggressiv verhalten oder ständig durchbrennen und auf die Jagd gehen?
Wir arbeiten täglich mit problematischen und verhaltensauffälligen Hunden und haben grossen Erfolg beim Training mit positiver Verstärkung. Wichtig ist, dass man sehr gut beobachten, sich in den Hund hineinfühlen kann, über ein umfangreiches Wissen unter anderem in der Lerntheorie verfügt und versteht, was im Hund vor sich geht im Moment seines Fehlverhaltens. Im Pfötli z.B. arbeiten wir wöchentlich mit zum Teil sehr schwierigen Hunden. Aus Beschlagnahmungen, mit Verhaltensauffälligkeiten, Beissvorfällen – und es ist schön zu sehen, wie sie mit dem richtigen Umgang, fair behandelt und durch positive Verstärkung trainiert, täglich Fortschritte machen, wie der Glanz in ihre Augen zurückkehrt und sie an einen guten Platz vermittelt werden können.

Sabine und Pfötli-Azubi Janine beim Training mit Cora

Du hast einmal gesagt, dass der Begriff Fehl- oder Problemverhalten für dich irreführend ist, warum?
Weil sich der Hund aus seiner Sicht richtig, der jeweiligen Situation angepasst verhält. Problematisch oder falsch ist das Verhalten lediglich in unseren Augen. Für den Erfolg des Trainings ist es entscheidend, dass wir das nicht vergessen, denn nur so können wir an den Ursachen arbeiten.

Brauchen vor allem aggressive Hunde nicht eher eine strenge Handhabung statt einem sanften, antiautoritären Umgang?
Auch wenn wir nicht die ganze Zeit rumbrüllen und ohne Druck arbeiten setzen wir dem Hund durchaus Grenzen, definieren Regeln, sind konsequent. Aber wo immer möglich führen wir ihn so, dass wir das gewünschte Verhalten bestätigen und verstärken, das negative wo möglich ignorieren, respektive ein Alternativverhalten anbieten. Strenge und Autorität haben in unseren Augen nichts mit Härte, Gewalt, Kontrolle zu tun, auch wenn das in vielen Trainingsmethoden immer noch gleich gesetzt wird, für mich eine klare Fehlinterpretation.

Nehmen wir mal ein konkretes Beispiel: ein kraftvoller Hund der oberen Gewichtsklasse mit einer ausgeprägten Leinenaggression, den der Halter nur mittels Stachel- oder Würgehalsband einigermassen im Griff hat. Welche Konsequenzen hat die Verwendung dieser Halsbänder für den Hund und sein Verhalten? Womit muss der Halter oder die Halterin langfristig rechnen?
Der Hund verfolgt mit seiner Leinenaggression ein Ziel – nämlich sein Gegenüber zu verjagen. Und dies schafft er meistens auch, denn das Gegenüber verschwindet  ja irgendwann aus seinem Blickfeld, weil der andere Hund ganz automatisch mit seinem Halter einfach weiter geht. Aus seiner Sicht hat er aber mittels “sich in die Leine hängen” sein Aggressionsziel erreicht, was seine Aggression bestätigt und somit fördert. Nun gibt es Hunde, die dieses Verhalten mit Würge- oder Stachelhalsband nicht mehr zeigen. Arbeitet man aber nicht aktiv an diesen Begegnungen, indem man mit seinem Hund ein Alternativverhalten übt, dann wird er seine Leinenaggression wieder zeigen, sobald er ohne Würger oder Stachel geführt wird. Meistens sogar noch heftiger. Und wenn man Pech hat wird er generell ein Problem mit Artgenossen bekommen, also auch dann aggressiv reagieren, wenn er gar nicht angeleint ist. Dafür ist wieder die eingangs schon erwähnte Verknüpfung verantwortlich, der Hund verknüpft die Schmerzen oder das unangenehme Gefühl, das durch die Halsbänder entsteht, wenn er sich in die Leine legt generell mit der Begegnung mit einem Artgenossen. Das heisst aus seiner Sicht fügt ihm die Begegnung mit einem anderen Hund Schmerzen zu, nicht das Halsband. Konsequenterweise wird er sich ab sofort in jeder Situation gegen die Annäherung eines Hundes wehren.

Der Hund ist ohne Stachel- oder Würgehalsband in Hundebegegnungen nicht mehr kontrollierbar und gleichzeitig erhöhen diese Hilfsmittel seine Aggressionsbereitschaft gegenüber Artgenossen – wie kommt man aus diesem Teufelskreis wieder raus?
Fatal ist, dass mit diesen Hilfsmitteln nur Symptome bekämpft werden, die Aggression gegen aussen wird gehemmt, was an den aggressiven Gefühlen aber nichts ändert. Das ist auch das, was Bestrafung so unsinnig macht: wir können das Verhalten des Hundes durch Bestrafung kontrollieren, nicht aber seine Gefühle. Man stelle sich mal vor, wie es uns dabei gehen würde, wenn wir sehr verärgert sind und durch das Zufügen von Schmerzen immer gezwungen werden, unseren Ärger zu schlucken. Davon würden wir krank, psychisch oder körperlich! Bei den Hunden ist das nicht anders. Und die sind dann oft tickende Zeitbomben. Aus diesem Teufelskreis hilft nur, die Symptombekämpfung durch ein Arbeiten an den Ursachen zu ersetzen. Bei der Arbeit mit positiver Verstärkung arbeiten wir direkt auf der emotionalen Ebene, wir trainieren das symptomatische Verhalten und die ursächliche Gefühlslage.

Nehmen wir also den selben Hund mit dem selben Problem. Wie würde dein Ansatz aussehen, wie würdest du vorgehen?
Zuerst füllen wir gemeinsam mit dem Halter und der Halterin einen ausführlichen Fragebogen zu diesem Hund und seiner Vorgeschichte aus, zu seinem Verhalten, seit wann und wann genau das Verhalten auftritt, was bisher mit ihm gemacht wurde. Ganz wichtig ist für uns der gesundheitliche Aspekt, in der Regel lassen wir einen Tierarzt-Check mit Blutbild und Untersuchung der Schilddrüse machen, denn nicht selten ist für ein auffälliges Verhalten ein gesundheitliches Problem ursächlich. Erst wenn wir das ausschliessen können, arbeiten wir direkt am Verhalten. Dann lassen wir den Hundebesitzer ein Tagebuch führen, damit wir mehr Infos zum Hund, seinem Tagesablauf und dem entsprechenden Problemverhalten erhalten. So sehen wir allenfalls Zusammenhänge, die der Besitzer bis dahin nicht erkannt hat. Und parallel dazu arbeiten wir natürlich mit dem Hund. Bauen ein Markersignal auf, schauen was die Ursache seines Verhaltens ist und arbeiten dann direkt an diesem Auslöser.

Klingt ziemlich aufwendig.
Wir sind ja auch keine Reparaturwerkstatt für defekte Hunde und wir bieten keine Expresslösungen. Sondern arbeiten an einer guten Beziehung zwischen Mensch und Hund auf der Basis gegenseitigen Vertrauens, das braucht Zeit und vor allem die Mitarbeit des Menschen.

Wie lange dauert so ein Verhaltenstraining denn in der Regel?
Das hängt sehr davon ab, um welches Thema es sich handelt, wie lange der Hund dieses Verhalten schon zeigt und wie die Besitzer mitarbeiten, also wie regelmässig sie üben und wie sie das Gelernte umsetzen.

Bei den TV-Trainern zumindest geht’s recht schnell bis der Hund therapiert ist.
Es kann auch sehr schnell gehen – es kann aber auch lange dauern. Da gibt es kein Patentrezept. Und was man nicht vergessen darf: Im Fernsehen werden natürlich nur Ausschnitte des Trainings gezeigt. Wieviel Zeit das Training insgesamt gebraucht hat, darüber kriegen die Zuschauer ja keine Infos. Und deshalb mag es so aussehen, als ob eine Therapie im Schnelldurchgang erledigt ist.

Hundehalter, die sich entschliessen, bei der Aktion mitzumachen und Würgehalsband & Co. abzugeben, erhalten dafür eine Trainingsstunde. Was erwartet sie dort?
Die Aktion gibt uns die Möglichkeit, mit Hundehaltern und -halterinnen ins Gespräch zu kommen, die meist aus Unwissenheit oder Verzweiflung die erwähnten Erziehungshilfen einsetzen und nicht wissen, dass es auch andere Wege gibt. Es geht in der Trainingsstunde darum, ihnen Alternativen zum Hilfsmittel aufzuzeigen. Sie erfahren zu lassen, dass richtiges Verhalten „einfangen“ und verstärken mehr Sinn macht und um einiges schöner ist, die bessere Beziehung daraus resultiert, als wenn man den Hund für falsches Verhalten bestraft, beziehungsweise den Fokus auf das falsche Verhalten legt. Wir selber werden ja auch lieber gelobt als bestraft, bekommen lieber ein Kompliment für ein feines Essen, als immer nur zu hören, dass es etwas zu wenig gewürzt ist oder verkocht.

Sabine und Pfötli-Azubi Nikita arbeiten mit Sidi

Kann man eigentlich davon ausgehen, dass alle Hundeschulen, die sich dieser Aktion anschliessen, nach derselben Philosophie und Methodik arbeiten oder gibt es Unterschiede?
In der Hundeerziehung gibt es ungefähr so viele Philosophien wie Hunderassen. Unter den Hundeschulen, die sich an der Aktion beteiligen, werden ebenfalls unterschiedliche Philosophien vertreten sein. Gemeinsam ist uns allen das Ziel: an der Beziehung und am gegenseitigen Vertrauen zu arbeiten, Ursachen auf den Grund zu gehen statt Symptome zu bekämpfen, Stärke zu stärken und Schwächen zu schwächen, also richtiges Verhalten zu bestärken statt falsches Verhalten zu bestrafen.

Wenn sich eine Hundeschule oder ein Hundetrainer, eine Hundetrainerin an dieser Aktion beteiligen will, was muss sie oder er tun?
Sich direkt bei der Initiantin Sonja Meiburg melden, die Kontaktdaten und weitere Infos zur Aktion sowie die Liste der Hundeschulen, die bisher mitmachen, all das findet man unter “Tausche Stachelhalsband gegen Training”.

Wie lange gilt das Angebot bei der Hundeschule Moondance GmbH?
Vorerst mal bis Ende 2011. Falls diese Aktion Anklang findet werden wir sie aber gerne verlängern.

(Foto: Daniela Gassmann, pro cane familiari)

Der Beitrag Vertrauen statt Bestrafen: Aktion "Tausche Stachelhalsband gegen Training" erschien zuerst auf Tierisch.


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